Mieterstrom für 250 Liegenschaften: Allegron und Enerfin vereinbaren Energie-Contracting
50 Megawatt Photovoltaikleistung und 50 MWh Speicherkapazität sowie ESGMonitoring in Vorbereitung
Berlin/Bad Ems, 13.01.25 – Das bundesweit tätige Immobilienunternehmen Allegron und der Mieterstrom-Contracting-Anbieter Enerfin kooperieren: Enerfin wird in rund 250 Liegenschaften von Allegron ein Mieterstrom-Contracting umsetzen und den Mieterinnen und Mietern kostengünstigen und klimafreundlichen Ökostrom anbieten. Das Investitionsvolumen beträgt rund 80 Millionen Euro.
Bilder zum Download: https://enerfin.io/presse/allegron-und-enerfin-vereinbarenenergie-contracting/
Im Rahmen der Zusammenarbeit installiert Enerfin Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 50 Megawatt sowie Speicher und Energiemanagementsysteme. Zusätzlich wird eine Überwachung der Energieverbräuche und der CO2-Emissionen als Teil des ESG-Monitorings eingeführt. Die Gebäude befinden sich in Nordrhein-Westphalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Sachsen.
Kooperation ist Teil des Klimaschutz-Engagements von Allegron
Allegron engagiert sich bereits seit Jahren aktiv für den Klimaschutz. Das Unternehmen errichtet Neubauten im KfW-55-Standard und Holzrahmenbauweise, um CO₂- Emissionen im Bau und Betrieb zu reduzieren. In den Office 20M Bürokomplexen von Allegron optimiert ein innovatives Gebäudemanagement das Raumklima: Es analysiert relevante Einflussfaktoren und liefert nur die tatsächlich benötigte Menge an Wärme, Kälte und Frischluft.
Allegron plante schon länger, Mieterstrom einzuführen. Der hohe technische und administrative Aufwand verhinderte aber bisher eine Umsetzung. Mit dem Mieterstrom-Contracting wurden die Hürden nun überwunden: „Enerfin kümmert sich komplett um die Finanzierung, den Anlagenbau, den Betrieb und die Abrechnung des Mieterstroms. Unsere Verwaltung wird nicht zusätzlich belastet, das war uns wichtig. Die Mieter profitieren von günstigeren Strompreisen und Allegron von der Verpachtung der Dächer“, kommentiert Dirk Wiedenhues, Allegron Geschäftsführer.
Umfassendes Energiemanagement und Monitoring
In Verbindung mit der Installation der Photovoltaikanlagen erhalten die Gebäude Stromspeicher mit einer Gesamtleistung von 50 MWh sowie ein leistungsfähiges Energiemanagementsystem. Integrierte Machine-Learning-Algorithmen berücksichtigen das Nutzerverhalten bei der Planung der Energieflüsse. So wird der Solarstrom optimal auf Wohnungen und Verbraucher wie Beleuchtung, Aufzüge und Ladestationen für Elektromobilität verteilt. In einigen Gebäuden wird dabei auch der Strom berücksichtigt, den die Aufzüge durch Rekuperation beim Abwärtsfahren und Abbremsen erzeugen.
„Unser Energiemanagement optimiert das gesamte Energiesystem der Gebäude. Dadurch wird möglichst viel Solarstrom vor Ort verbraucht. Das ist nicht nur gut für die Mieter, sondern entlastet auch die Stromnetze“, ergänzt Paul Hauser, Geschäftsführer von Enerfin.
Das Energiemanagement überwacht zudem alle Energieströme inklusive der Raumwärme und berechnet die CO2-Emissionen. Damit verfügt Allegron über ein kontinuierliches Monitoring der Energieversorgung und der Fortschritte im Klimaschutz.
Über Enerfin
Die Enerfin AG ist ein führender Anbieter im Bereich Mieterstrom-Contracting mit Sitz in Tuggen (Schweiz) und Berlin. Unser Team verbindet technologische Expertise mit umfassendem Service – von der Planung über die Finanzierung bis zum Betrieb der gesamten Anlagentechnik. Enerfin nutzt das Energiemanagementsystem und die Hardware des Schwesterunternehmens Lynus AG, um ganzheitliche Mieterstromlösungen zu realisieren, die mittels Machine Learning die Energieflüsse in Gebäuden optimal steuern.
Weitere Informationen unter www.enerfin.io.
Über Allegron
Die ALLEGRON Group ist eine 1991 gegründete, inhabergeführte und deutschlandweit tätige Immobiliengesellschaft. Unter dem Motto „Redeveloping Properties“ haben wir uns auf die exklusive Neugestaltung und Betreuung von wohnwirtschaftlichen und gewerblichen Bestandsimmobilien spezialisiert.
Zum Bestand gehören Wohn- und Gewerbeflächen in Deutschland. Neben erfolgreichen Revitalisierungsprojekten steht unser Unternehmen als Bestandshalter für eine langfristige und serviceorientierte Bewirtschaftung unserer Bestände. Unser Unternehmen setzt sich durch regelmäßige Modernisierungs- und Umbauarbeiten für mehr Klimaschutz, altersgerechtes Wohnen, ein gutes Zusammenleben und insofern für mehr Lebensqualität unserer Mieter ein und steigert in gleicher Weise die Attraktivität und den Wert unserer Bestände.
Weitere Informationen unter www.allegron.de
Das DIWO-Wohnobjekt Bodestraße liegt in der nördlichen Neustadt von Halle in unmittelbarer Nähe zur Saale.
Vor Umzug nach Heusenstamm: Erasmus-Schule stellt sich vor
Vor dem geplanten Umzug auf den Campus nach Heusenstamm stellt sich die Erasmus-Schule bei einem öffentlichen Informationsabend vor
Heusenstamm – Talente fördern, Visionen verwirklichen und das alles dreisprachig: So lautet das Konzept des Erasmus-Gymnasiums. Wie berichtet, zieht die Privatschule ab dem Schuljahr 2024/25 aus dem Frankfurter Ostend auf den Campus Heusenstamm. Eine Grundschule soll folgen. Am Donnerstag fand nun ein Informationsabend statt, um interessierte Heusenstammer Eltern und Kinder vom Erasmus-Konzept zu überzeugen. Vor Beginn konnten sie ihre Fragen aufschreiben, die eingesammelt und später vorgelesen wurden.
Zunächst sprachen Bürgermeister Steffen Ball und Schulleiterin Gerlinde Herd-Huber zu den Gästen. Ball sagte, ihm sie es wichtig, dass der Campus wieder zur Bildungsstätte werde. Herd-Huber schwärmte, sie schätze die Ruhe, die sie auf dem Campus verspüre.
Im Hauptteil des Abends kamen dann Schülersprecher Wave Williams, die stellvertretende Schulleiterin Susanne Wissner, Matz Mattern vom Schulträger Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und Katja Anderlohr vom Elternbeirat zu Wort – er wurde moderiert von Julia Schmitz, die durch den Abend führte. Tenor der vier: Der Campus biete viele Chancen. Es gebe mehr Räume, vor allem Fachräume für Physik, Chemie und Biologie. Hervorgehoben wurde, dass die Schule über eine eigene Sporthalle verfügen werde sowie ein Schwimmbad in der Nähe sei. Aktuell müssten die Klassen in Frankfurt noch quer durch die Stadt reisen, um Schwimm- und Sportunterricht abhalten zu können.
Zwischendurch sorgten eine Schülerin und ein Schüler des Erasmus-Gymnasiums für musikalische Unterhaltung und gaben zwei Klavierstücke zum Besten.
Dann begann die Fragerunde. Aus einem Zylinderhut wurden Zettel gezogen und verlesen. Jemand wollte wissen, wie das Sicherheitskonzept der Schule aussieht. Das Gelände sei umzäunt, sagt Leiterin Gerd-Huber. Anders als in Frankfurt könne nicht jeder die Schule betreten. Und nur älteren Schülern sei es erlaubt, ohne Begleitung wegzugehen. „Unsere Regeln sind klar. Bis zur zehnten Klasse dürfen Schüler das Gelände alleine nicht verlassen.” In Zukunft wolle die Schule zudem einen Selbstverteidigungskurs für die Schüler anbieten.
Und wie sieht es mit der Lehrerfluktuation am Erasmus-Gymnasium aus, wollte ein Mann aus dem Publikum wissen. „Die gibt es natürlich auch bei uns, sagte Herd-Huber und ergänzte: „Wir sind aber bemüht, für eine stabile Personalstruktur zu sorgen. Wenn uns ein Kollege verlässt, können wir in der Regel die Stelle schnell nachbesetzen.” Zentrales Merkmal des Erasmus-Konzepts sei der fächerübergreifende, dreisprachige Unterricht. Wie das konkret funktioniere, lautete eine Frage. Die Lehrkräfte würden einen kreativen und interaktiven Unterricht anbieten, der spielerisch Spanisch- und Englischkenntnisse vermittle, erläuterte Schülersprecher Williams. Herd-Huber fügte hinzu: „Durch die ständige Konfrontation mit den Fremdsprachen ab der ersten Klasse, sei es durch die Lehrkräfte oder auch Spanisch oder Englisch sprechende Schüler, lernen die Kinder schnell und auf natürliche Weise, dreisprachig zu kommunizieren.”
Nach der Fragerunde standen noch Lehrkräfte bereit, um im lockeren Plausch bei Getränken und Fingerfood weitere Fragen der Eltern und Kinder zu beantworten. Wer vom Konzept der Erasmus-Schule nach dem Abend überzeugt war, konnte auch gleich einen persönlichen Gesprächstermin vereinbaren, um seine Kinder anzumelden. (Steffen Lynch)
23.05.22, 15:04
Ukrainer in Deutschland: „Für uns in Ostdeutschland wäre das ein riesiger Gewinn“ – in WELT
UKRAINER IN DEUTSCHLAND
„Für uns in Ostdeutschland wäre das ein riesiger Gewinn“
Von Anna Shemyakova
Am Chemnitzer Stadtrand steht ein ganz besonderer Häuserblock. Hier leben 200 Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind. Ihre Zukunft ist noch immer ungewiss. Doch sie bringen womöglich etwas mit, was der Stadt fehlt.
Der Samstag ist ein besonderer Tag in der Fritz-Fritzsche-Straße. Dann kommen die Helfer Jan Lötzsch und Vivien Graupner vom Wochenmarkt und bringen einen vollen Kofferraum Obst und Gemüse mit. Für ihre „Gäste“, wie sie die Ukrainer nennen, die vor dem Angriffskrieg in ihrem Land (/themen/ukraine-krise/) geflohen sind. Besonders beliebt sind exotische Früchte wie Mango oder Ananas, die in der Ukraine für gewöhnlich sehr teuer sind. Die Früchte kauft Jan Lötzsch zum Sonderpreis, nachdem der Markt schließt. Darunter auch solche, welche die Händler nur schwer losbekommen. Krumme Möhren oder kleine Gurken seien in der Ukraine etwas ganz Normales – dort kauft man Obst und Gemüse eben so, wie es gewachsen ist, erzählt Lötzsch. Den Einkauf bezahlt er von Spenden, oft aber auch aus dem eigenen Geldbeutel. 200 Menschen aus der Ukraine leben im sechsstöckigen Häuserblock des Chemnitzer Fritz-Heckert-Gebiets, verteilt auf 44 Wohnungen. Es sind etwa 100 Frauen, genauso viele Kinder und drei Männer, die die Ukraine ausnahmsweise verlassen durften. Einer ist Vater von drei Kindern und der andere begleitete seine betagten Schwiegereltern auf der Flucht. Sie gehören zu den 700.000 Menschen, die seit Beginn der Invasion in der Ukraine nach Deutschland kamen. In Chemnitz haben sie ein vorübergehendes Zuhause gefunden. Viele der Geflüchteten gehen in die Großstädte. Ein Fehler, meint Jan Lötzsch. „In Frankfurt, Berlin oder München bekommt man keine Sozialwohnung. Sie sollten nach Sachsen oder Thüringen, in die kleineren Städte. Dort gibt es einen riesigen Leerstand“, sagt er. So wie in Chemnitz, wo 14 Prozent aller Wohnungen leer stehen.
Zwar sei die Gegend im Fritz-Heckert-Gebiet grün und ruhig, aber für viele zu weit vom Zentrum der knapp 250.000 Einwohner großen Stadt entfernt, erzählt Objektleiter Jürgen Schaab. Knapp 30 Minuten braucht man mit dem Auto oder der Straßenbahn in die Innenstadt. Und obwohl das Gebiet am Stadtrand mit Supermärkten, Schulen und Kindergärten eine gute Infrastruktur habe, sei die Vermietung schwer. Es gebe kaum Zugezogene, die Studenten wollten nah an der Universität leben.
Eine Chance für Jan Lötzsch, der einen Facebook-Aufruf startete, um Wohnungen für Geflüchtete aus der Ukraine zu finden. Jürgen Schaab antwortete, er habe da einen ganzen Häuserblock. Mit seinem Chef bei der Immobiliengesellschaft „Diwo Home“ handelte er aus, dass die Ukrainer keine Kaution zahlen mussten und so lange umsonst dort wohnen sollten, bis Hilfe vom Sozialamt käme. Jede der Wohnungen liegt im sozialen Rahmen, für 56 Quadratmeter zahlt man hier knapp 400 Euro. Doch es gab noch ein Problem: Die Wohnungen standen komplett leer, nicht einmal Küchen waren drin. Jan Lötzsch begann, nach Möbeln und Freiwilligen zu suchen, um die Wohnungen für die Geflüchteten auszustatten. Eine der ersten Helferinnen war die 35-jährige Chemnitzerin Vivien Graupner. Gemeinsam suchten sie nach kostenlosen oder günstigen Möbeln, strichen Wände, erneuerten die Böden und begleiteten die Neuankömmlinge zu Ämtern und Behörden. In den ersten Wochen kam Graupner jeden Tag vor ihrer eigentlichen Arbeit im Reisebüro für anderthalb Stunden in die Fritz-Fritsche-Straße, um zu helfen und einzurichten. Auch Lötzsch war neben seiner Vollzeitstelle in einem Telefongeschäft fast täglich da. Es fanden sich Dutzende weiterer Freiwilliger, die so mittlerweile 44 Wohnungen mit dem Nötigsten ausstatteten.
„Hier hören wir keine Explosionen mehr“
Eine der ersten Mieterinnen war Natalia Kirkgan, die gemeinsam mit ihren Eltern aus Kiew nach Deutschland kam und Anfang April in eine der neuen Wohnungen eingezogen ist. Wegen gesundheitlicher Probleme der Eltern sei Deutschland die erste Wahl gewesen, erzählt die 40- Jährige. Sie hörten, dass es hierzulande gute Krankenversicherungen gebe und man mit den Geflüchteten sehr sozial umgehe. Ende Februar sollte die Mutter an der Hüfte operiert werden, doch dann brach der Krieg aus. In einem Erstaufnahmelager für Geflüchtete konnten die hochbetagten Eltern nicht bleiben, sie kamen bei einer Gastfamilie in Bayern unter, bevor sie nach Chemnitz zogen. „Es ist ein riesiges Glück, dass wir unsere eigene Wohnung haben“, sagt Kirgan, „wir können endlich durchatmen.“ Vor der Flucht aus Kiew sei die Lage immer angespannter geworden. Sie hätte mit der Zeit gelernt, die verschiedenen Raketen nach Lauten zu unterscheiden, da eine Angriffsrakete anders klinge als eine Flugabwehrrakete. „Hier hören wir keine Explosionen mehr, müssen nicht mehr in den Keller flüchten“, sagt Kirgan. Ihr neues Zuhause ist spärlich und nur mit dem Nötigsten ausgestattet: Ein Bett, eine Küche, Tisch und Stühle. „Klar fehlen noch einige Dinge, aber wenn man es mit dem Krieg vergleicht, in dem wir früher lebten, geht es uns hier sehr gut“, erzählt Kirgan, die in der Ukraine als Juristin arbeitete.
Unbürokratisch handeln
Auch anderen Bewohnern fehle es teilweise noch an Möbeln, Gardinen hängen eingespannt im geschlossenen Fenster, die Wände sind leer.
Um Lötzsch und Graupner bilden sich Gruppen, wenn sie und andere Freiwillige in der Straße sind. Sie haben Fragen zu Dokumenten oder erkundigen sich nach Möbeln, alle Gespräche finden mit einer Übersetzung-App statt. Eine Bewohnerin möchte die Miete bar zahlen, da sie nicht mit dem Online-Banking zurechtkommt. Spontan organisiert Lötzsch für die nächste Woche einen Termin, an dem sie und andere das Geld bar bringen können – die Bürokratie möchte er für die Neuankömmlinge so einfach wie möglich gestalten und wünscht sich das gleiche für die Behörden. „Das Haus lebt“, sagt Objektleiter Schaab, der seit Einzug der 200 Gäste lediglich zwei Monatsmieten erhalten hat. Dafür spielen wieder Kinder auf der Wiese, Frauen unterhalten sich von Balkon zu Balkon, man hilft sich gegenseitig. Hinter dem Haus stellte Schaab den Bewohnern zwei Kleingärten zur Verfügung. Dort treffen sie sich, um zu grillen; einige wollen bereits Obst und Gemüse anbauen. Es ist ein Stück Lebensfreude, das sie hier nach den schlimmen Erlebnissen der letzten Monate zurückbekommen. Zudem sei es ein riesiger Vorteil, dass alle an einem Ort zusammenleben und sich gegenseitig unterstützen, sagt Lötzsch, „gerade dann, wenn schlechte Neuigkeiten aus der Heimat kommen.“
Es sind Nachrichten von Ehemännern, die in den Krieg eingezogen wurden, von flüchtenden Freunden oder von Häusern, die zerstört wurden – so wie bei Olessia Baranova und ihrer Mutter Svetlana. Mitte März verließen sie Charkiw in Richtung Deutschland und kamen Anfang April in Chemnitz an. Vor kurzem erfuhren sie, dass ihr ehemaliges Wohnhaus von einer Rakete getroffen wurde, auch ihre Wohnung soll beschädigt worden sein.
Charkiw, die zweitgrößte Stadt der Ukraine, wurde schwer bombardiert. Das russische Militär versuchte, die Stadt einzukreisen – bislang konnte die ukrainische Armee Widerstand leisten. Viele Zivilisten starben bei Raketenangriffen, Gebäude kollabierten, Menschen harrten in Kellern und U-Bahn-Stationen aus. Die 62-Jährige Swetlana Baranova erinnert sich, wie sie bis zu zehnmal am Tag aus dem achten Stock ihres Hauses zu Fuß in den Keller laufen musste, um sich vor den Angriffen zu schützen. Nicht einmal in den Supermarkt konnte sie gehen, weil ständig der Raketenalarm ertönte. Als ihre 24-jährige Tochter dennoch einkaufen ging, schlug unweit von ihr eine Rakete ein. Verletzt wurde sie glücklicherweise nicht, aber kurze Zeit später verließen sie Charkiw über Polen und warteten dort, bis Anfang April die Wohnungen in der Fritz-Fritzsche-Straße bezugsfertig waren. Hier leben sie seit über einem Monat, zwar in Sicherheit, doch begleitet von ständiger Zerrissenheit. Einerseits würden sie gern Deutsch lernen, sich einleben und eine Arbeit finden. Doch gleichzeitig sehnen sie sich nach ihrem Zuhause, nach Freunden, der Familie – und trauern darüber, was aus ihrem Heimatland geworden ist. Sie wissen nicht, ob es noch etwas geben wird, zu dem sie zurückkehren können.
Ukrainer könnten Personallücken füllen
Baranova geht es wie vielen im Haus, obwohl sie wissen, dass es den Kindern in Deutschland vermutlich besser gehen würde. Viele von ihnen gehen bereits in die Schule. Vor den Erwachsenen steht die große Hürde, Deutsch zu lernen, falls sie eine Arbeit finden wollen. In Chemnitz gibt es viele freie Stellen – in vielen Branchen fehlt Personal, sagt Lötzsch. Diese Lücken könnten irgendwann Menschen aus der Ukraine füllen, falls sie sich entscheiden, in Deutschland zu bleiben. „Natürlich hat der Staat erst mal Kosten. Aber die Ukrainer sind eine leistungswillige Bevölkerung. Irgendwann würden sie Jobs bekommen und Steuern zahlen. Für uns in Ostdeutschland wäre das ein riesiger Gewinn“, sagt er. Bis es soweit ist, stehen sie jedoch vor großen Herausforderungen, bürokratischen Eigenheiten, einer ihnen unbekannten Sprache und der stetigen Ungewissheit, wie es der Familie und den Freunden daheim geht. Doch in der Fritz-Fritsche-Straße bekommen sie direkte Hilfe, Obdach und die eine oder andere kleine Lebensfreude.